Unwirklichkeiten 1: Tod

Tod und Trauer sind bekanntlich Themen, die in unserer Gesellschaft wenig populär sind. Ewige Jugend hingegen scheint zwingend, alles Andere wäre eine Belastung, mit der sich niemand auseinandersetzen möchte. Performance und Fun bis zum Ende. Und selbst dieses wird jetzt weniger bitter: denn danach geht’s weiter! Das Ego darf sich auch über den Tod hinaus nähren – bis in alle Ewigkeit – als Teil der “Great Pyramid“.

 The Great Pyramid Online

Die eigene körperliche Existenz zu überdauern konnten die ägyptischen Pyramiden nur wenigen versprechen. Nun steht dieser Weg allen Menschen offen. Statt unseren Körper verscharren oder seine Asche ausstreuen zu lassen, können wir als kleiner Stein der Pyramide Teil des sich stetig wandelnden und wachsenden Gemäldes unserer Spezies bleiben.Deutschland, das seinen Weg in die neue globale Welt nur schwerfällig findet, hat mit der Großen Pyramide wieder ein Projekt, das dauerhaft führend bleiben wird.

Ich dachte zunächst das Ganze sei ein Fake, ähnlich, wie die Inszenierung “Misson Eternity – crossing the deadline” von Uebermorgen.com, deren “Vision” hier als Video kommuniziert wird – “The Matrix” für Tote, die ewig leben wollen.

Misson Eternity

Doch The Great Pyramid ist “echt”, oder besser soll ein echtes Bauwerk werden.

A Tomb for All People

Dieser Entwurf ist von gesamtgesellschaftlicher Relevanz, mit ihm wird ein Schlussstrich unter die Jugendkultur gezogen. Welch ein Auftrag für ein deutsches Büro! Hier haben Architekten die Chance, ein „Las Vegas des Todes“ zu errichten, ohne sich mit Diktatoren und Frauenfeinden verbandeln zu müssen, lediglich mit einem 38-jährigen Jungen aus Bielefeld.

aus der Zeitschrift Bauwelt(Ausgabe 14 | 2008 PDF download)

Auf der Architektur-Site eikongraphia.com sind die Ergebnisse des Architekturwettbewerbes zu bewundern. Den Architekten WeiWei & Fake Design (sind die mit Ubermorgen verwandt?) scheint die Absurdität des Unternehmens nicht entgangen zu sein, wie ihre Illustrationen belegen:

Celebrate death as part of life

Doch dem Rest scheint’s ernst, oder?

Diagramm Pyramide

“Jeder soll mitmachen dürfen bei der künftigen Weihestätte der Egalität.” Frankfurter Rundschau (PDF Download)

Oder ist die Great Pyramid doch auch eine Projekt von Uebermorgen, nur eben noch viel besser als Mission Eternity, weil glaubwürdiger inszeniert, viel diskutiert und auch ernsthaft umstritten, wie auch an den vielen Reaktionen in der Presse zu sehen ist?

8 Responses to “Unwirklichkeiten 1: Tod”

  1. on 09 Sep 2008 at 3:48 pm uebermorgentau

    Hi Kris,

    hier wurde nicht sauber recherchiert: Mission Eternity ist ein Projekt der Künstlergruppe etoy (www.etoy.com). nicht Uebermorgen!

    Das ganze ist übrigens auch kein Fake. Timothy Leary hat ist schon in der Capsule verewigt. etoy sind übrignes auch auf der Manifesta in Bozen vertreten, falls dich das projekt interessiert…

    grüsse,

    Daniel

    (es besteht keine verbindung zu Uebermorgen!)

  2. on 15 Sep 2008 at 3:50 pm Kris Krois

    … und etoy ist ein Projekt von Übermorgen, oder umgekehrt? Bei all den Inszenierungen soll noch einer durchblicken ;)

    Den Mission-Eternity-Container auf der Manifesta habe ich angesehen. Ich konnte mich weder verkapseln lassen noch hierzu vormerken oder dergleichen. Es gab lediglich Informationen und Inszenierung. Und selbst, wenn es mehr als die Inszenierung gäbe, geht es sicherlich nicht um die Dienstleistung an sich, sondern um das Gedankenspiel, um die damit zusammenhängenden Konzepte und Fragestellungen. Die Arbeit inszeniert eine Möglichkeit und bewirkt dadurch eine Auseinandersetzung, die ohne eine solche Inszenierung kaum stattfinden würde. Darin liegt der Wert der Arbeit. Vielleicht ist Fake dafür tatsächlich nicht der richtige Ausdruck, sondern eben Inszenierung.

  3. on 15 Sep 2008 at 8:21 pm uebermorgentau

    hinter uebermorgen steckt ein gewisser Hans Bernhard (wer da nun wohl wieder dahintersteckt?). jedenfalls war dieser wohl auch mal bei etoy…(http://www.etoy.com/fundamentals/crew-and-credits/)

    Michel Zai von etoy hatte ich als prof letztes semester – deswegen kenn ich das projekt mission eternity und etoy ein bischen.

    persönlich finde ich das projekt (bzw. die grundsätzliche idee dahinter) interessant – sollte dich das wirklich interessieren gibt es vom schweizer fernsehen einen dokumentarfilm darüber.

    der mission-eternity-container selbst war nicht auf der manifesta. das ist nur ein “normaler” container von etoy, die diese als arbeitsräume nutzen. kompliziert das alles…

    p.s. “Es gab lediglich Informationen” ?!

  4. on 15 Sep 2008 at 8:39 pm Kris Krois

    Der Dokumentarfilm würde mich interessieren. Hast Du genauere Angaben dazu oder einen Link?

    Dann war der Container auf der Manifesta nur so eine Art Vorab-Info-Box zur eigentlichen Anlage, die noch folgen soll, oder was oder wie?

    Ich kannte das Projekt bereits vor dem Manifesta-Besuch von dessen Web-Site und fand es dort überzeugender dargestellt als auf der Manifesta.

  5. on 25 Sep 2008 at 1:56 pm uebermorgentau

    online ist der film glaub ich nicht –

    ich könnte Dir eine “sicherheits-kopie” der dvd in bozen zurücklegen.

    der eigentliche container war wohl noch in usa und ist deswegen nicht auf der manifesta

  6. on 27 Sep 2008 at 11:21 am Kris Krois

    gerne. Ich melde mich via Email.

  7. on 17 Mar 2009 at 11:24 am Kris Krois

    Hallo Daniel,

    inzwischen habe ich die DVD nicht nur erhalten, sondern auch angeschaut. Danke!

    Ist das von Etoy selbst produziert oder ein Beitrag des Schweizer Fernsehens?

    ciao

    >< nb: ich bin bestimmt der langsamste Bearbeiter von "Comments", aber wir müssen uns doch nicht dem Kult der Geschwindigkeit verschreiben, oder ?-)

  8. on 17 Mar 2009 at 1:05 pm uebermorgentau

    Hallo Kris,

    schön, dass es nun geklappt hat.

    Soweit ich weis bzw. das recherchieren konnte ist der Film als Dokumentarfilm von Andrea Reiter gedreht und von Hugofilm produziert.

    Ob das vom Schweizer Fernsehen beauftragt wurde weis ich nicht.

    saluti da bolzano

    +++

    nein, kein zwang der digitalen Eile nötig… ;)

    beständigkeit kommt mit der zeit

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