Alles wird über Internet gekauft …

… So füllen sich unsere Straßen mit Paketbotenautos, entlang der Autobahnen entstehen riesige Warenverteilzentren, und zweifellos wird es im Inneren der Städte in absehbarer Zeit kein einziges Geschäft mehr geben, wozu denn? Aber da sind ja dann nutzlose Räume, leere Läden, was machen wir damit?

Im Anschluss skizziert Axel Hacke in seiner Kolumne im SZ Magazin “Das Beste aus aller Welt” im Heft 05/2014 eine fantastische Vision: die Innenstädte werden belebt durch Künstler zu Freiräumen der Muse, der Poesie, des Flanierens, … denn für den Konsum werden sie jetzt nicht mehr gebraucht. Das inspirierende an seinem wie immer charmant geschriebenen Artikel ist diese plastische Darstellung einer Vision, dieses “es könnte ganz anders sein und zwar so”, und folglich auch, “was wir haben ist nicht Gottgegeben” (z.B. die konsum-optimierten Innenstädte, Einkaufstraßen, Fußgängerzonen). Was Hacke hier vollzieht ist eine lockere Vorlage, für Schreibende, Designer, Künstler und eigentlich für Alle. Wir dürfen so frei sein unsere Träume einer anderen Welt zu skizzieren . Das ist ja schon mal ein erster Schritt. Leben müssen wir in der gegenwärtigen Welt, aber vorstellen dürfen wir uns alles (hierzu: Zizek im unabsichtlich witzigen Vortrag bei Occupy). Und in vielen Situationen können wir die Visionen auch ausprobieren. Die Gemeinschaftsgärten fallen mir dazu ein. Hier werden alternative Weisen des Zusammenlebens und -arbeitens erprobt – ausgezeichnet reflektiert im Buch Urban Gardaning. Eine Vielfalt an anderen Beispielen, wo Menschen spielerisch ernsthafte Alternativen gestalten sind im wunderbaren Band Die Stadt der Commonisten zusammengestellt (Vortrag von Christa Müller). Motto: nicht das Lamento und die theoretische Analyse verändern die Welt zu besseren, sondern die kreative und kollektive Praxis.

Überall poppen Alternativen auf, die konkrete Utopien entwerfen oder gar leben. Die letzte ist mir in einem Vortrag des Designers Ruedi Baur begegnet, der die öffentlichen Beschriftungen der Kleinstadt Nègrepelisse nicht wie für Designer üblich selbst entworfen hat, sondern den Bürgern geholfen hat diese selbst zu machen. Erstanden ist nicht nur ein anderes Stadtbild, sondern auch eine anderes Leben –  ein gemeinsames Schaffen, Sprechen, Zusammentreffen und gestalten (mehr zu: “Imaginer Nègrepelisse !“). Designer gestalten nicht mehr die Welt von Konsumenten, sondern helfen Bürgern ihre Welt selbst zu gestalten. Von Design-Diktator zum Gestaltungs-Fazilitator.

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