Auto – von Arbeit bis Image

Autostatd vs. Stadt ohne Autos

In dem Artikel “Abgesang aufs Auto” fasst Birgit Gärtner auf telepolis die Veranstaltung “Auswirkung einer Einführung von Elektrofahrzeugen auf die Klimagasemissionen und die Konsequenzen für die Autoindustrie” zusammen. Es werden treffende Frage zum Thema Auto, Umwelt und Arbeit gestellt und “Lösungsansätze” angerissen. Hier ein paar wenige Fragmente:

Fazit der Veranstaltung: Der Privat-PKW ist passé, die ökonomische Krise kann nur durch gesellschaftlich notwendige und umweltfreundliche Produktion gelöst werden.

“Wir brauchen gesellschaftlich notwendige und nützliche Beschäftigung, die Autoproduktion gehört definitiv nicht dazu.” [sagt Uwe Fritsch, Vorsitzender des Betriebsrats von VW-Braunschweig]. Das in den Köpfen der Beschäftigten zu verankern, sei in einem Land, in dem das Auto das “zweite Wohnzimmer” sei, allerdings nicht so einfach.

Der VW-Betriebsrat hat durchgesetzt, das ein Promille des Gesamtumsatzes in alternative Produktionskonzepte investiert werden müssen. “Das sind bei VW immerhin 100 Millionen Euro pro Jahr”, so Fritsch. Das Werk in Braunschweig kooperiere mit dem Stromanbieter Lichtblick, dessen Blockheizkraftwerke bei VW gebaut würden. …

Die Köpfe der Leute benennt Fritsch als ein wesentliches Problem. Dem Auto zu entsagen ist schwierig in einer Auto-Kultur, die immerzu genährt wird von immensen Budgets für Marketing-Kommunikation der Automobilindustrie. Kommunikativ ist diese ja sehr anpassungsfähig und arbeitet an “grün-nachhaltigen” Images. Klar, die gilt es zu enttarnen, wenn sie nicht mit den Fakten übereinstimmen, aber Kritik alleine ist zu wenig. Es gilt “autofreie Lebensweisen” attraktiv darzustellen und Images zu aufzubauen, die für diese “neue Wirklichkeit” stehen. Die entsprechenden Bilder und Botschaften müssten entsprechend verbreitet werden. Auch hierfür würde “ein Promille des Gesamtumsatzes” schon einiges Bewegen können (an Budget zur Kreation und Verbreitung ebensolcher Images). Wie kommen wir zu einer ausgewogeneren Präsenz von Themen und Images? Zu mehr Kommunikation von Anliegen und Aussagen hinter denen nicht primär Interessen und Budgets der Industrie stehen?

Platzbedarf: Auto vs. Bus

Die Bilder stammen von der Web-Site Autofreie Stadt (Danke für die Leihgabe!) von den Beiträgen “Europäische Kommission: Straßen Wieder für Menschen nutzbar machen” (zur Studie “Reclaiming city streets for people” der EU-Kommision) und “Interview mit Hermann Knoflacher” (ein Hinweis auf ein Interview mit dem autokritischen Verkehrsforscher in der Zeit). Weitere relevante Beiträge zum Thema finden sich auch im Magazin von fairkehr. In welche Richtung es (ohne Auto) gehen könnte deutet ein ein Beitrag über eine Volksinitiative in der Schweiz an, die “verlangt, dass viermal pro Jahr alle Straßen und Plätze nicht für Autos, sondern für autofreie Mobilität, für ‘Lifestyle’ zur Verfügung stehen.”* Ja, ein Lifestyle sollte es werden, es darf Spaß machen und soll als Bereicherung empfunden werden, nicht als bitterer Verzicht – denn mit Verzicht lässt sich nichts gewinnen, zumindest nicht “die” öffentliche Meinung. So was lifestyliges wie “LOHAS” (bloß ohne Auto und für die Massen) müsste daraus werden, aus der Idee der autofreien Gesellschaft, damit diese Realität werden kann. Wie wär’s mit “FAQL” (Fresh Air and Quality of Life) oder Lifestyle of Fresh Air (LOFA) – naja, da darf noch gebrainstormt werden ;-)

… und wer sich noch an die autofreien Sonntage in den 70ern erinnert, weiß wie toll es war auf der Autobahn Rollschuh zu fahren (derlei tief sitzende positive Erinnerungen an ein kindliches Vergnügen würde ich nutzen, wenn es darum ginge ein positives “autofrei-Image” aufzubauen).

* Ergebnis der Volksabstimmung vom 18.5.2003: 62.4% dagegen, 37.6 für autofreie Tage (Beteiligung 49.8% / Quelle). Wäre interessant zu erfahren, wie hier und heute eine solche Abstimmung ausfallen würde. Zumindest regional sollten autofreie Tage attraktiv vermittelt werden können à la “München feiert den Sommer – ohne Autos und draussen”. Dabei würden wieder wunderbar autofreie Assoziationen in die Köpfe der Menschen gelangen…. und nach und nach fügt sich das Image vom autofreier Freude und Lebensqualität.

Aktion auf Verkehrsinsel

… so weit ein paar bruchstückhafte Ansätze. Fortsetzung folgt.

4 Responses to “Auto – von Arbeit bis Image”

  1. on 01 Feb 2010 at 11:46 am Jonas

    Richtig, in den Köpfen muss die Veränderung geschehen… aber anfangen kann sie nur außerhalb der Köpfe.

    Das Problem ist, dass es kaum noch Menschen gibt, die Städte ohne Autos überhaupt gesehen haben! Die noch lebenden Generationen kennen nur Städte, die dem Auto geopfert wurden und können sich dementsprechend etwas anderes kaum vorstellen. Wirklich autofreie Tage können das ändern und wieder ein positives Bild von Autofreiheit vermitteln.

    Ein anderer Aspekt der Diskussion ist, dass z.B. in Berlin bereits über die Hälfte der Haushalte ohne Auto lebt – aber niemand das wahrnimmt. Die Autofreien müssten stärker und geschlossener auftreten und ihre Interessen vertreten, denn es ist einfach unglaublich ungerecht, wenn die Mehrheit der Bevölkerung die Folgen der Faulheit einer Minderheit ertragen muss. Analog dem Nichtraucherschutz wird es Zeit für Nicht-Autofahrerschutz!

  2. on 02 Feb 2010 at 7:13 pm Kris Krois

    Hallo Jonas,

    man kann (und muss) das von vielen Seiten angegangen werden. Ich denke es gilt einerseits politisch etwas zu bewegen, denn der Gesetzgeber ist gefragt, wenn es darum geht Anreize und Hemmnisse zu setzen, um damit eine Entwicklung weg vom Auto zu schaffen. Außerhalb der mit öffentlichem Verkehrsmitteln gut versorgten Städte müssen attraktive Alternativen zu Auto geboten werden, etc. etc. Auf der lokalen Ebene können da auch kleine Gruppen schon was erreichen. Mein Persönlicher Vorsatz: ich misch mich hier in München ein (anstatt nur immer gscheid daher zu reden ;-).

    Auf der anderen Seite gilt es Menschen für alternative Fortbewegungsarten und die damit einhergehende Lebensqualität zu begeistern. Diesbezüglich halte ich wenig davon auf die bösen Autofahrer einzudreschen, wie es heute mit den Rauchern passiert. Eine solche “moralische” Polarisierung der Öffentlichkeit halte ich für ungut und auch für gefährlich. Am Ende könnten nämlich die Auto-Kritiker als nörgelnde Moralapostel abgestempelt werden.

    Visionen ohne Auto zu zaubern und zukünftige Kindheitserinnerungen … das würde Spaß machen. Ich erinnere mich nur an die großartigen autofreien Sonntage, sondern auch an eine Wanderauststellung “Grün Kaputt“, die damals in unsrer Schule gezeigt wurde … ist mir bis heute haften geblieben…. also, an die Schulen, in die Kindergärten, zu den Eltern… … ich muss weiter (die U-Bahn wartet nicht ;-)

  3. on 06 Feb 2010 at 11:18 am Jonas

    Hallo Kris, das ist natürlich richtig. Ich finde selbst auch, dass das Auto eine tolle Erfindung ist und sicher eine der wichtigsten des 20. Jahrhunderts. Fakt ist einfach, dass Autos nicht in Städte gehören, weil dort die Nachteile gegenüber den Vorteile weit überwiegen.

    Wie man diejenigen, die das nicht glauben, davon überzeugen kann, ist noch offen. Manchmal muss man sicherlich polarisieren, manchmal argumentative Überzeugungsarbeit leisten. Und das kann man nur lokal und vor Ort, das ist völlig richtig.

  4. on 10 Feb 2010 at 9:52 am Kris Krois

    Hallo Jonas,

    Du hast wahrscheinlich Erfahrungen mit Engagement vor Ort. Ich nicht. Kannst Du Tipps geben? Auf bestehende Initiativen verweisen? In München?

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